Hallo Katarina,
vermutlich werden Sie meine "Weisheiten" zu spät für Ihr Prüfungsvorspiel erreichen, vielleicht haben Sie aber jetzt im Endspurt doch noch eine Chance.
Gerade Klassik-Streichern empfehle ich gern den gelegentlichen Besuch von Konzerten großer Blues-Gitarristen. Sie werden dabei eine erstaunliche Entdeckung machen. Obwohl der Künstler ganz offensichtlich eine Lieblingsgitarre hat, steht genau dieses Instrument in mehrfacher Ausfertigung auf der Bühne. Erst beim zweiten Blick sieht man, dass die einzelnen Gitarren elektrisch anders bestückt sind, die Bunddrähte unterschiedlich dick sind, die Mechaniken anders aussehen, etc. Kurz - für jede Stimmung, für jede Art von Spielweise sind diese Instrumente anders
eingerichtet.
Fiddler (Jazz, Folk, Bluegrass, etc.) kennen und nutzen das; für Klassik-Fans ist das zu oft ganz weit weg. Die Gestaltungsmöglichkeiten liegen (neben der Saitenwahl) in der
Position von Steg und Stimme (Materialstärken lasse ich hier einmal weg). Damit kann eine Geige innerhalb erstaunlich weiter Grenzen nach den persönlichen Anforderungen des Musikers
eingerichtet werden.
Ich gehe einmal davon aus, dass Ihr Instrument nicht verpfuscht oder verschlimmbessert wurde. Die Verleimung wird vermutlich handwerklich absolut sauber sein. Es ist aber absolut unwahrscheinlich, dass bei den Arbeiten Steg und Stimme an exakt den gleichen Positionen stehen geblieben sind. D.h.: Ihr Instrument kam anders
eingerichtet (Achtung: Das ist kein Qualitätsurteil!) zu Ihnen zurück.
Ihre
persönliche Einrichtung liegt da irgendwo in den Verschiebewegen von Steg und Stimme. Gerade bei Klassik-Streichern hält sich hartnäckig die Mär, das Ganze sein ein Fall von Justage=Reparatur (also Geige abgeben nach dem Motto: "Mach mal!"). Das
Einrichten geht aber nur mit dem Musiker zusammen(!) und ist eine langwierige "Fummelarbeit".
Also (wenn noch möglich) Termin machen zum
Einrichten. Zeit mitbringen (kann Stunden dauern) und einen lieben Kollegen (zur Beurteilung des Raumklanges) hinzuziehen. Und bitte fair bleiben - das Ganze ist keine Reklamations- oder gar Gefälligkeitsgeschichte. Für einen feuchten Händedruck und eine Flasche Wein kann ein Geigenbauer das nicht leisten!
Hintergrundinfos finden sich übrigens unter:
http://www.geigenbauonline.de/?Werkstatt:Reparatur:Stimmstockund
http://www.geigenbauonline.de/?Werkstatt:Reparatur:StegAuch hier gilt: Das sind keine Bastelanleitungen für Selbstversuche! Gerade mit dem ungeschickten Keilen der Stimme kann man aus seinem Instrument einen (teuren) Reparaturfall machen. Zudem findet ein Geigenbauer eher die Positionen wieder, wenn man feststellt: "Nee - die Variante ist es wohl nicht, können wir noch einmal auf den vorletzten Schritt zurück?"
Viel Glück!