Hallo,
habe an meiner Geige einen neuen superleichten Saitenhalter+Titanfeinstimmer  mit einer neuen Hängesaite aus Carbonfaser montieren lassen. Der
Klang des Instruments ist tatsächlich etwas offener dadurch gworden. Leider hat auch das Nebengeräuschspektrum zugenommen, besonders bei höheren Strichgeschwindigkeiten hat die Geige ihre Samtigkeit etwas eingebüßt: es kiekst und pfeift jetzt häufiger mal als früher.

An Steg und Stimme wurde nix verändert. Saiten (Evah Pirazzi) sind neu, aber mittlerweile genügend eingespielt. Die einzige Veränderung ist nur noch, daß der neue Saitenhalter etwas kürzer als der alte ist - mein Geigenbauer hat ihn aber im Prinzip an die gleiche Stelle gesetzt - d.h. nun ist ist der Abstand Reifchen Steg ein paar Millimeter größer als früher.

Konkret:
a) der Abstand Obersattel--->Reifchen ist jetzt 380mm,
b) der Abstand Steg--->Reifchen 59 mm,
c) Obersattel--->Steg 320 mm.
Das angestrebte Verhältnis von 1:6 stimmt also nicht ganz.

Frage nun:
1. wie berechnet man diesen Wert genau? a):b) oder c):b)

2.Wieviel Toleranz verträgt dieser Wert und wie wirkt sich eine Veränderung nach oben oder unten auf den Klang UND die Ansprache aus?
(Mein Geigenbauer meint, wenn b) etwas zu groß sei ist es weniger problematisch als zu klein)

3.
Würde es in dem Fall was bringen, wenn die Länge der Hängesaite verändert würde? Oder hätten Sie noch andere Tipps, was helfen könnte?

Herzlichen Dank erstmal!
Alex

Hallo und herzlich willkommen in unserem Forum,
zunächst habe ich einige Fragen:

• um was für einen Saitenhalter handelt es sich (Material, Form, Länge)?
• gibt es eine Herstellerbezeichnung für die Hängesaite?

Der Abstand von Steg bis zum Saitenhalterreifchen sollte 1/6 der schwingenden Saitenlänge betragen( Obersattelkante bis Steg). Ich kann ebenfalls bestätigen, dass länger weniger schadet als kürzer. Wichtig ist es, dass die Saiten harmonisch zueinander klingen.
Unabhängig von der Beantwortung der Fragen würde ich folgendes probieren:

• Austausch des Titanfeinstimmers gegen einen Hillfeinstimmer( der Titanfeinstimmer ist sicherlich für E-Saiten mit Kugel gedacht und verkürzt zumindest bei der e-Saite den Abstand Steg Saitenhalter deutlich)
• Verlängerung der Hängesaite, um das ursprüngliche Verhältnis wieder herzustellen.
• Genaue Überprüfung, ob der Steg tatsächlich an der gleichen Stelle steht. Hier machen mitunter schon Verschiebungen im 1/10mm Bereich deutliche Veränderung aus.

Bitte Erfahrungen unbedingt hier einstellen....
Grüße aus Lübeck

Hallo,
Danke für die schnelle Antwort.
Der Saitenhalter (französisches Modell) ist aus Fernambuk (Sonderanfertigung) und der Titanfeinstimmer integriert. Der ist tatsächlich für Kugel gedacht, aber trotzdem so konstruiert, daß er die E-Saite im Steg-S.halterbereich NICHT verkürzt, wie das normale Modelle tun. Gesamtlänge des guten Stücks beträgt 110mm. Die Hängesaite wird als High tech cord bezeichnet - sieht aus wie ein Schnürsenkel und ist wohl irgendwas aus Karbonfaser o.ä. gezaubertes.
Der Steg steht absolut ein seiner alten Stelle (genau so wie die Stimme), da wurde auch schon ein wenig experimentiert, daran kann's nicht liegen...

Ein Kollege empfahl mir übrigens noch, daß es möglicherweise auch an den Saiten liegen könnte - ursprünglich klang meine Geige sehr schön dunkel und warm. Vielleicht ein bißchen zu dunkel auch, darum haben wir ja das Experiment mit der neuen S.halterkonstruktion gewagt.
Nun wird die Evah Pirazzi ja gemeinhin als sehr brilliant und trompetenartig beschrieben - und was früher für meine Geige ideal war muß es nun vielleicht nicht mehr unbedingt sein... Nach seiner Empfehlung sollte ich z.B mal "Larsen Tzigane" probieren, weniger Saitenspannung und mehr Modulationfähigkeit, wie er sagt...

Hmh..., auf alle Fälle ist's langsam eine eine Gleichung mit ziemlich vielen Unbekannten! :-(


FG
Alex

Hallo,
es sind also verschiedene Veränderungen durchgeführt worden und nun lässt sich nicht genau nachvollziehen, welche Veränderung zu welchem Ergebnis geführt hat.
Zunächst würde ich vorschlagen, die Abstand Saitenhalter Steg auf die ursprüngliche Länge zu ändern.
Falls der alte Saitenhalter noch vorhanden ist, würde ich diesen mit einer neuen Hängesaite ausstatten und beobachten, wie der Klang sich verändert.
Dies hätte ich im übrigen getan, bevor an Stimmstock und Steg probiert wird.
Nicht für jede Geige ist eine Gewichtsverringerung des Saitenhalters von Vorteil. Der Versuch mit dem alten Saitenhalter sollte nicht sehr kompliziert und schnell zu machen sein.
Falls das keinen Erfolg hat, bitte hier melden, dann sehen wir weiter...

Grüße und viel Glück

Hallo,
Danke erstmal für die Antworten, auch wenn's schon wieder eine Weile her ist!
Der große Termin beim Geigenbauer steht noch aus, allerdings habe ich spaßeshalber eben gerade ein kleines Experiment für mich gemacht:
die Saiten mal einen halben Ton über und mal einen halben Ton unter Normal-A gestimmt um zu sehen, wie sich die Ansprache verändert. Ich hatte eigentlich erwartet, daß es besser wird, wenn ich tiefer gestimmt habe, da sich ja im allgemeinen die Ansprache verbessern müßte, wenn die Saite weniger Spannung hat (ODER?)
Komischerweise war genau das Gegenteil der Fall, die Geige schien wieder  (zumindest subjektiv) fast meine 'alte' zu sein, als die Saiten höher waren.
(Vom KLANG ist es schlecht zu beurteilen, da ich leider nur alleine war und eine hochgestimmte Geige sowieso schon mal komisch klingt...)

Wie kann das möglich sein?
(Wäre vielleicht eine Erklärung, daß die immer noch etwas zu langen Teilstücke Steg--->Reifchen durch den leichten Saitenhalter so stark erregt werden, daß sie quasi die "Hauptsaite" behindern ---> Pfeifen, schwerere Ansprache etc.)

Etwas ratlos...
der Alex

Hallo Alex,

Ihr "Experiment" zeigt vielleicht den kurzen Weg zur Lösung. Zunächst einmal:

Ich hatte eigentlich erwartet, daß es besser wird, wenn ich tiefer gestimmt habe, da sich ja im allgemeinen die Ansprache verbessern müßte, wenn die Saite weniger Spannung hat (ODER?)

Nein - wieso auch? Bildlich gesprochen, muss die Saite wesentlich weiter aus ihrer Ruhelage gebracht werden, bevor (endlich) der "Rubbeleffekt" anfängt. Das können Sie ausprobieren, indem Sie das "Detuning" mal so richtig übertreiben...

Allerdings war der Versuch in die andere Richtung viel wichtiger. Wenn sich das subjektive Spielgefühl bereits dadurch(!) einstellt, dass Sie die Geige lediglich eine kleine Sekunde höher stimmen, ist die schwingende Saitenlänge kürzer als vorher (ziemlich genau um die Dicke Ihrer Fingerspitze).

An Steg und Stimme wurde nix verändert.

Hm! :-)

Saiten (Evah Pirazzi) sind neu, aber mittlerweile genügend eingespielt.

...und die waren auch vorher drauf!?!

Also wenn diese Parameter geblieben sind (bis auf Position und ggf. Neigung des Steges) lohnt sich hier ein weiteres "Experiment".