Cellosattel ersetzen


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Cellosattel ersetzen 34318

Newbie Beiträge: 23 *
Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #7 am: 16. Februar 2011, 12:26:32 »
Hallo Mischa,

nichts gegen Widerspruch - ich möchte aber schon gern richtig zitiert werden! Ich hatte nicht geschrieben, dass
Zitat
v-förmige Sattelkerben eine "Weisheit" der Gitarrenbauer seien.
Die V-Kerben (mit ihren punkt-/strichförmigen Saitenauflagen) werden durchaus von einigen E-Gitarristen (und nur von denen) bevorzugt, die ohne Roller- oder Locknuts sehr harte Bendings spielen bzw. ihr Bigsby oder Floyd Rose ständig bis an die Grenzen ausreizen. Die V-Kerben sind dabei ein durchaus probates Mittel, das Instrument während des Spielens hinreichend stimmstabil zu halten. Ich hatte selbst solche Instrumente in der Hand - wenn die Kerben von einem Profi gesetzt sind, ist ein
Zitat
möglichst widerstandsfreies Gleiten
drin und da vibriert (oder knackt) auch nichts in der Saitenkerbe.

Mein Hinweis ist der Tatsache geschuldet, dass diese Methode der Sattelkerbung gelegentlich fälschlicherweise verallgemeinert wird und dann zu den Folgen führt, die Wordsmyth in seinem Fotomaterial dokumentiert hat. Ich fürchte halt, dass viele "Bastler" nicht aus reiner Faulheit Versuche mit V-Kerben starten, sondern dass hier vielmehr die Legende von der "punktförmigen Saitenauflage" eine fatale Rolle spielt.

Grüße in die Runde

Amateur

P.S.: Eine Vertiefung dieses Punktes ist vielleicht nicht für alle Teilnehmer eines Geigenbauforums interessant (daher hatte ich mich in meinem ersten Beitrag so kurz gefasst) - lassen Sie sich ggf. gern von Geigenbaumeister meine eMailadresse geben.
« Letzte Änderung: 16. Februar 2011, 12:30:51 von Amateur »
Administrator Beiträge: 216 *****
Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #8 am: 16. Februar 2011, 14:34:22 »
P.S.: Eine Vertiefung dieses Punktes ist vielleicht nicht für alle Teilnehmer eines Geigenbauforums interessant (daher hatte ich mich in meinem ersten Beitrag so kurz gefasst) - lassen Sie sich ggf. gern von Geigenbaumeister meine eMailadresse geben.

Doch doch, nur zu, finden bestimmt alle interessant und die anderen müssen das ja nicht lesen 8)

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Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #9 am: 26. Februar 2011, 15:10:50 »
Ja, ja, das hat man davon wenn man seine Klappe nicht halten kann...;-)

Also zunächst mal herzlichen Dank an unseren Administrator, für seine Offenheit dieses Thema hier so ausführlich diskutieren zu lassen. Ich versuche dann noch mal mit einer möglichst sachlichen Erklärung Licht ins Dunkel der Sattelkerbe zu bringen:

Grundsätzlich lassen sich alle Phänomene die uns bei Saiten- Sattel- und Stimmproblemen begegnen mit physikalischen Gesetzen erklären. So würde ein Physiker oder Ingenieur, wenn zwei Materialien (wie in unserem Fall eben Saite und Sattel) übereinander gleiten von einer Reibpaarung sprechen. Der Techniker unterscheidet Gleitreibung und Haftreibung und nennt die Kraft, die nötig ist um von Haftreibung in Gleitreibung überzugehen Losbrechkraft. Wer mal versucht hat ein Cello an den Wirbeln zu stimmen und das sind hier hoffentlich einige, hat das Losbrechmoment in der Hand zu spüren bekommen, begleitet von einem mehr oder weniger deutlichen Knacken. Bei Wirbeln ist diese Haftreibung erwünscht und die Losbrechkraft kann der Geigenbauer mit etwas Gips und einem Stück alter Kernseife so einstellen, dass das Stimmen sogar mit dieser herrlich archaischen Technik zum vergnügen wird.

Tritt diese Haftreibung aber swischen Saite und Satterkerbe auf, wird es problematisch, da die Saite plötzlich zwischen Wirbel und Sattel eine andere innere Spannung / Dehnung haben kann, als zwischen Sattel und Steg / Saitenhalter. Findet dann innerhalb der Sattelkerbe das besagte losbrechen statt, hat sich das Cello schlagartig verstimmt. Das kann natürlich während des Spiels, angeregt durch Schwingungen oder Vibrato passieren.

Eine V-förmige Sattelkerbe bietet der Saite theoretisch eine geringere Auflagefläche, als eine korrekt gefeilte Halbkreisförmige und somit weniger Reibung. Ich sage hier "theoretisch", weil es stark von den verwendeten Materialien abhängt. Gitarristen können bei Sätteln heute auf moderne Werkstoffe zurückgreifen, die eine V-förmige Sattelkerbe unter Umständen ermöglichen. Traditionsverbundenen Geigenbauern dagegen ist das verwenden moderner Werkstoffe weitgehend untersagt und so werden sie wohl noch einige Jahrzehnte Obersättel aus Ebenholz feilen. Immerhin ist es ihnen seit einiger Zeit erlaubt, die Reibung zwischen Saite und Sattelkerbe mit Graphitstaub von ihrer Bleistiftspitze herabzusetzen, was einen großen Fortschritt bedeutet und auch jedem Musiker als "Tuningmaßnahme" beim Saitenwechsel empfohlen werden kann, da Graphit als Trockenschmiermittel funktioniert und gleichzeitig keinen Schaden anrichten kann. So kann dann die Saite auf der verhältnismäßig großen Fläche in einer Streichinstrumentensattelkerbe trotzdem gut gleiten. Auf der relativ kleinen Fläche einer V-förmigen Nut dagegen hätte es eine umsponnene Saite leichter, sich mit der relativ weichen Ebenholzoberfläche regelrecht zu verzahnen, was es zu vermeiden gilt.

Wer bis hierhin aufmerksam mitgelesen hat und nicht längst eingeschlafen ist, kann sich jetzt sicher auch vorstellen, dass die kleine Auflagefläche einer V-förmigen Kerbe einem wesentlich höheren Verschleiß durch Abrieb unterliegt. Da kann dann auch der Elektrogitarrenspieler öfter mal bei seinem Gitarrenbauer, dem "Profi" vorbeigehen und sich `nen neuen Sattel basteln lassen...;-)

Der aus meiner Sicht einzige Vorteil der V-förmigen Kerbe ist, dass er mit einer Dreikantfeile aus Opas Schlüsselfeilensatz anzufertigen ist, während man für richtige Sattelkerben an Gitarren sehr teure Sattelfeilen anschaffen muss. Wer nur Cello-Sättel feilt, kann dies mit einer einzigen sehr feinen Rundfeile bewerkstelligen, wenn sie nur an ihrer Spitze fein genug ausgeformt ist um auch der dünnen A-Saite gerecht zu werden. Man verwendet dann immer den Teil der konischen Feile, der im Durchmesser gerade zur verwendeten Saitenstärke passt.

Und immer dran denken: Wer ungeduldig ist und hastig zu tief feilt, darf mit einem neuen Sattelrohling gleich noch mal von vorn anfangen...;-)

Liebe Grüße

Mischa

Administrator Beiträge: 216 *****
Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #10 am: 26. Februar 2011, 18:24:23 »
Wer mal versucht hat ein Cello an den Wirbeln zu stimmen und das sind hier hoffentlich einige, hat das Losbrechmoment in der Hand zu spüren bekommen, begleitet von einem mehr oder weniger deutlichen Knacken. Bei Wirbeln ist diese Haftreibung erwünscht und die Losbrechkraft kann der Geigenbauer mit etwas Gips und einem Stück alter Kernseife so einstellen, dass das Stimmen sogar mit dieser herrlich archaischen Technik zum vergnügen wird.

Also zunächst wird ja mal keine Gips genommen, sondern Tafelkreide (die zwar auch hier aus Gips gewonnen wird, aber ich möchte vermeiden, dass Gipspulver auf die Wirbel geschmiert wird!)
Und Knacken sollen gut eingestellte Wirbel nie, weder bei der Geige noch beim Cello...

Tritt diese Haftreibung aber swischen Saite und Satterkerbe auf, wird es problematisch, da die Saite plötzlich zwischen Wirbel und Sattel eine andere innere Spannung / Dehnung haben kann, als zwischen Sattel und Steg / Saitenhalter. Findet dann innerhalb der Sattelkerbe das besagte losbrechen statt, hat sich das Cello schlagartig verstimmt. Das kann natürlich während des Spiels, angeregt durch Schwingungen oder Vibrato passieren.

Daher wie ja später auch geschrieben, die Sattelkerben (und auch die Stegkerben) mit einem weichen Bleistift einreiben.

Traditionsverbundenen Geigenbauern dagegen ist das verwenden moderner Werkstoffe weitgehend untersagt und so werden sie wohl noch einige Jahrzehnte Obersättel aus Ebenholz feilen. Immerhin ist es ihnen seit einiger Zeit erlaubt,

Wenn ich mal fragen darf, wer erlaubt einem Geigenbauer etwas zu tun oder nicht zu tun? ???
Außerdem ist Ebenholz nun allers andere als weich und welchen moderen Werkstoff meinst Du?
Immerhin muss der Obersattel mit Handwerkszeug auf verschiedenste Breiten und Höhen angepasst und eingerichtet werden. Dafür ist aus meiner Erfahrung das Ebenholz ideal geeignet.

Wer nur Cello-Sättel feilt, kann dies mit einer einzigen sehr feinen Rundfeile bewerkstelligen, wenn sie nur an ihrer Spitze fein genug ausgeformt ist um auch der dünnen A-Saite gerecht zu werden. Man verwendet dann immer den Teil der konischen Feile, der im Durchmesser gerade zur verwendeten Saitenstärke passt.
Der Sattel wird von 2 Seiten zunächst mit einem scharfen Hoben an die Grundfläche und an die Griffbrettstirnseite genauestens angepasst. Die hintere zum Wirbelkasten zeigende Fläche verlängert die schräge Wirbelkastenwand bis zur Satteloberkante. Danach wird der Sattel auf Höhe gehobelt und gefeilt. Er fällt zum Wirbelkasten so ab, dass die Saiten nicht geknickt werden.Danach kommen die 4 Saitenkerben, die auf keinen Fall kleiner als der Durchmesser der Saite sein dürfen.

Vielen Dank für die ausführliche Erklärung.

Grüße aus Lübeck
H.-H.Uilderks

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Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #11 am: 26. Februar 2011, 22:46:20 »

Oh je, ich hatte ja befürchtet, dass ich hier neue Steine lostreten werde... :)

Also ich weiss nicht wie das funktioniert, dass man alles so schön Punkt für Punkt zitieren kann wie unser Administrator, daher versuche ich einfach so der Reihe nach auf alles einzugehen:

Was die Tafelkreide betrifft gebe ich Dir natürlich einfach Recht. Ich hatte tatsächlich Gips geschrieben, weil ich befürchtete, dass wenn ich Kreide schreibe, irgendwer antworten würde, dass man nicht Kreide, sondern Gips nimmt. Für alle Laien: Tafelkreide ist chemisch Gips(eigentlich Calziumsulfat) - nur eben abgebundener Gips und nicht das Pulver aus dem Baumarkt. Die kleinen Stücke sind auch viel praktischer um Wirbel einzureiben. Würde man "Gipspulver" auf die Wirbel schmieren, würde bestimmt auch nichts schlimmes passieren, da es sich innerhalb kürzester Zeit unter vorhandener Luftfeuchtigkeit zu "Tafelkreide" verwandeln würde.

Nun zum Ebenholzsattel: Ich hatte das ironisch gemeint. Der Geigenbauer unterliegt einzig dem Diktat seiner Kundschaft. Er kann natürlich ansonsten machen was er will. Würde er aber einem Kunden einen Obersattel aus sagen wir einfach mal gülden glänzender Sinterbronze, statt aus Ebenholz einbauen, so könnte ich mir vorstellen, dass es zu Diskussionen führen würde - eben solchen wie jetzt hier. Also noch mal im Klartext: Ebenholzsättel sind auf Streichinstrumenten einfach perfekt und zwar so sehr, dass es sich nicht lohnt, bei Industriewerkstoffen nach etwas besserem zu suchen!!!

Das Missverständnis ist meiner Ansicht nach nur wegen dem Vergleich mit modernem Gitarrenbau entstanden. Dort sind die besten Obersättel aus ungebleichtem Rinderknochen. Es werden aber industriell auch verschiedene Kunststoffe verarbeitet, wobei bei den hochwertigen versucht wird eine möglichst hohe Dichte mit selbstschmierenden Eigenschaften zu verbinden(z.B. durch Beimischung von Graphit). Außerdem werden Gitarrensättel aus Messing, Stahl, Aluminium, Elfenbein, Walrosszahn und manchmal sogar aus Ebenholz hergestellt. Der ungebleichte Rinderknochen ist wegen der vielen Fleischfresser in unserer Gesellschaft in ausreichender Menge vorhanden und hat wegen der enthaltenen Fette die selbstschmierenden Eigenschaften schon eingebaut. Er ist leicht zu verarbeiten und polierbar, so dass er auch sehr hübsch aussieht wenn man ihn sorgfältig verarbeitet. Da schließt sich der Kreis wieder, denn genau das gleiche gilt für Ebenholz, weswegen ich es nicht durch einen syntetischen Werkstoff würde ersetzen wollen.

Was die Bearbeitung des Obersattelrohlings betrifft, hatte ich mich bewusst auf das feilen der Sattelkerben beschränkt. Natürlich sind die Ausführungen von Herrn Uilderks hierzu vollkommen richtig.
Wenn die beiden Kontaktflächen des Sattels nämlich die mit Hals und Griffbrettstirnseite perfekt angepasst sind, verhindert ein winziges Tröpfchen Leim ein seitliches verrutschen und es ist für eine perfekte Schwingungsübertragung ins Instrument gesorgt. Mein vorausgegangener Hinweis, nicht zu hastig vorzugehen bekommt dadurch nur noch mehr Bedeutung, denn in solch einem Obersattel stecken schon ein paar Arbeitsstunden...

Liebe Grüße

Mischa

Newbie Beiträge: 23 *
Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #12 am: 01. März 2011, 19:33:27 »
Mannomann, dieser Thread wird ja richtig gehaltvoll!

@Mischa:
Zitat
Gitarristen können bei Sätteln heute auf moderne Werkstoffe zurückgreifen, die eine V-förmige Sattelkerbe unter Umständen ermöglichen.
In meinen Fällen Messing und Knochen - also bei E-Gitarren nicht unbedingt die Revolution!

Zitat
Der aus meiner Sicht einzige Vorteil der V-förmigen Kerbe ist, dass er mit einer Dreikantfeile aus Opas Schlüsselfeilensatz anzufertigen ist,
Das hätten die Sattelfeilen-Fetischisten wohl gern ;D!

Nein! Aus zwei Gründen:

Der erste Grund ist ein reines E-Gitarren-Problem. Bei heftigem Gebrauch des "Jammerhakens" nimmt man u.U. so viel Spannung aus den Saiten, dass sie am Sattel regelrecht abheben. Da findet die einzelne Saite ihre Position nur noch in einem hoch überstehenden Sattel mit einem deutlichen V wieder (jetzt können wir gern darüber debattieren, ob man die Kerbe unten - der Saite angepasst - ausrunden sollte).

Den zweiten Grund kennen auch die Streicherlein. Eine V-Kerbe kann man für verschiedene Saitenstärken optimieren (allerdings nicht mit Opas Dreikantfeile!). Davon können diejenigen ein Lied singen, die auf einem exakt (ausgerundet) angepassten Sattel dünnere Saiten spielen wollen (und die Dinger andauernd "Rolling Home" singen...).

Jetzt noch ein "halbes" Argument hinterher:
Zitat
So kann dann die Saite auf der verhältnismäßig großen Fläche in einer Streichinstrumentensattelkerbe trotzdem gut gleiten.
Tut sie aber eben nur "gut". Ich hatte noch keine Geige oder Bratsche in der Hand, die sich nicht durch sanften Druck auf die Saitenabschnitte im Wirbelkasten (stabil!) feinstimmen ließ!

Zitat
Auf der relativ kleinen Fläche einer V-förmigen Nut dagegen hätte es eine umsponnene Saite leichter, sich mit der relativ weichen Ebenholzoberfläche regelrecht zu verzahnen, was es zu vermeiden gilt.
Das ist tatsächlich ein Streicherproblem. Im Gegensatz zu Gitarristen stehen ihnen keine wirklich flach geschliffenen Saiten zur Verfügung. Die Probleme ergeben sich aber nicht aus der Konsistenz des Sattelmaterials, sondern aus ungenauer Ausarbeitung der Kerben.

Zitat
Da kann dann auch der Elektrogitarrenspieler öfter mal bei seinem Gitarrenbauer, dem "Profi" vorbeigehen und sich `nen neuen Sattel basteln lassen
Das ist tatsächlich so!


@Geigenbaumeister:
Zitat
Wenn ich mal fragen darf, wer erlaubt einem Geigenbauer etwas zu tun oder nicht zu tun?
Wir hier!!!!!!!!!!!!!!!

Nein Scherz beiseite ;) - aber Mischa hat nach meiner Beobachtung Recht. Das (deutsche) Publikum legt Geigenbauern schon ziemliche Daumenschrauben an.

Einige Beispiele:
Einige Barockgeiger spielen ihr Instrument mit Knochen-/Elfenbeinsattel - für den Klang nicht unbedingt eine Katastrophe. Optisch auf jeden Fall ein Akzent.

Ein Geigenbaukollege aus einem fernen ostasiatischen Land baut Geigen (in Handarbeit), bei denen sind die Schnecken "durchgestochen" (man schaut also von der Seite durch die Windungen durch). Für den Klang der Instrumente völlig unerheblich - einfach eine eigene Design-Note.

Ein Geigenbauer aus den USA hat einen Steg entwickelt, bei dem sich die Wangen abnehmen lassen um Ansprechverhalten und Obertonfülle zu verändern.

Mit derartigen "Gimmicks" treiben Sie hierzulande ein Instrument in Richtung "Unverkäuflichkeit". Besonders bei gestandenen E-Musikern (die das Begriffspaar U-Musik/U-Musiker immer mit dem Zusatz "nur" verwenden) lösen solche "Abweichungen von der Norm" ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen aus.........

Bevor Sie mir widersprechen - stellen Sie sich vor, Sie hätten eine perfekte Methode entwickelt, eine Geige mit Cutaway zu bauen. Geiger, die oft und gern "im ewigen Schnee" spielen, müssten Ihnen (allein aus Gründen der komfortableren Spielbarkeit) zu Füßen liegen. Ich hätte aber meine Zweifel, ob sie das täten!

Viele Grüße in die Runde

Amateur
Administrator Beiträge: 216 *****
Re: Cellosattel ersetzen
« Antwort #13 am: 02. März 2011, 15:25:47 »

Den zweiten Grund kennen auch die Streicherlein. Eine V-Kerbe kann man für verschiedene Saitenstärken optimieren (allerdings nicht mit Opas Dreikantfeile!). Davon können diejenigen ein Lied singen, die auf einem exakt (ausgerundet) angepassten Sattel dünnere Saiten spielen wollen (und die Dinger andauernd "Rolling Home" singen...).

Dies kann ich nicht bestätigen, wenn der Querschnitt der Sattelkerbe etwas größer als der Saitendurchmesser ist, wird die Saite aus dem Grund nicht "singen", sondern  wenn sie in Längsrichtung nicht aufliegt.
Jetzt noch ein "halbes" Argument hinterher:
Zitat
So kann dann die Saite auf der verhältnismäßig großen Fläche in einer Streichinstrumentensattelkerbe trotzdem gut gleiten.
Tut sie aber eben nur "gut". Ich hatte noch keine Geige oder Bratsche in der Hand, die sich nicht durch sanften Druck auf die Saitenabschnitte im Wirbelkasten (stabil!) feinstimmen ließ!

Einen Sattel ohne Reibung gibt es nicht, egal welches Material. Aber die Geige kann man natürlich immer verstimmen, wenn man auf die Saiten im Wirbelkasten drückt. Mein Tipp die Saite etwas höher stimmen und dann auf den richtigen Ton runterstimmen. Dann wird die durch das normale Stimmen (von unten nach oben) auftretende Überspannung im Wirbelkasten vermieden.

Einige Beispiele:
Einige Barockgeiger spielen ihr Instrument mit Knochen-/Elfenbeinsattel - für den Klang nicht unbedingt eine Katastrophe. Optisch auf jeden Fall ein Akzent.

Das ist ein reine Geschmackssache und es gibt glaube ich keinen Geigenbauer, der einem Kunden das ausreden würde, auch bei einer modernen Geige nicht.


Ein Geigenbaukollege aus einem fernen ostasiatischen Land baut Geigen (in Handarbeit), bei denen sind die Schnecken "durchgestochen" (man schaut also von der Seite durch die Windungen durch). Für den Klang der Instrumente völlig unerheblich - einfach eine eigene Design-Note.

Wem es gefällt soll es machen, zumal die durchbrochenen Schnecken ja eine uralte Tradition haben, nämlich bei den Gamben (http://www.geigenbauonline.de/geigenbau/geigenbauwerkstatt/geigenbaumeister-Uilderks/geigenbau-fotogalerie.html)
Ob das für den Klang völlig unerheblich ist, möchte ich mal leise anzweifeln, da damit ja eindeutig die Halsmasse verringert wird und jeder, der während des Spiels mal eine Schnecke anfasst, merkt, wie sehr die mitschwingt.

Ein Geigenbauer aus den USA hat einen Steg entwickelt, bei dem sich die Wangen abnehmen lassen um Ansprechverhalten und Obertonfülle zu verändern.

Wenn dieser Steg klangliche Vorteile hat, wird er sich auch durchsetzen. Gerade der Steg hat ja im Laufe der Zeit deutliche Veränderung in der Form erfahren.


Bevor Sie mir widersprechen - stellen Sie sich vor, Sie hätten eine perfekte Methode entwickelt, eine Geige mit Cutaway zu bauen. Geiger, die oft und gern "im ewigen Schnee" spielen, müssten Ihnen (allein aus Gründen der komfortableren Spielbarkeit) zu Füßen liegen. Ich hätte aber meine Zweifel, ob sie das täten!

Bei der Geige würde ein Cutaway wenig Sinn machen: zum einen ist eine Geige durch ihre schwingende Saitenlänge im Gegensatz zur größeren Gitarre auch in hohen Lagen recht gut zu spielen. (Laien fänden das vermutlich interessant  ;) aber  durch den Wegfall des Oberbügels würden doch wichtige Teile des Resonanzkörpers fehlen. Es üürde zu Klangeinbußen kommen. Es gibt aber bei Bratschen seit langer Zeit  genau diese Versuche Einschnitt im Oberbügel Diskantseite und Einschnitt Unterbügel an der Baßseite, um die Spielbarkeit von großen Bratschen zu erleichtern. Wenn diese Instrument klanglich ebenbürtig sind, werden sie sich auch durchsetzen, bauen und verkaufen lassen.
Aber die Form der Geige ist nun mal ästhetisch und akustisch ziemlich optimal. Veränderung machen da ja nur Sinn, wenn sie mit dem Klangpotenzial mithalten  oder sogar übertreffen können.
Im Moment bemüht sich ja die halbe Geigenbauerwelt das Klangniveau der alten Italiener zu erreichen.

Grüße aus Lübeck

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